Stilles Gedenken mit Kranzniederlegung am 27. Januar 2022

AG Lokalgeschichte / Stolpersteine untersucht Sprachgebrauch der NS-Verbrecher auf „Wannseekonferenz“ 

Bildtext: Am Gedenkstein für die früheren jüdischen Bürger/innen Schwelms gedachten Bürgermeister Stephan Langhard, Ingrid Andre, Gabriele Czarnetzki, Anke Buetz und ein Anwohner der Opfer des Holocaust. Foto: Stadtverwaltung Schwelm / Heike Rudolph  

Seit über 20 Jahren gedenkt man in Schwelm am 27. Januar eines jeden Jahres der Opfer der Holocaust. Man hat sich hier schon früh der Anregung des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog angeschlossen, den 27. Januar zum Gedenktag zu erheben. Warum dieses Datum? Weil am 27. Januar 1945 das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit wurde und weil niemals vergessen werden darf, was man allen Opfern des Holocaust angetan hat.

In der Regel nehmen zahlreiche Bürger/innen an dieser Zusammenkunft am Gedenkstein für die ehemaligen jüdischen Bürger/innen Schwelms teil. Doch die Coronapandemie ließ leider keine öffentliche Einladung zu.

So legten heute nur fünf Personen im Namen von Rat und Verwaltung den Kranz nieder. Bürgermeister Stephan Langhard begrüßte Ingrid Andre, die den Gedenkstein seit vielen Jahren betreut und „sehr dazu beiträgt, dass die Opfer dieses unfassbaren Massenmordes nicht vergessen werden“. Er dankte ihr ebenso mit Blumen wie den Lehrerinnen Gabriele Czarnetzki und Anke Buetz, die die AG Lokalgeschichte/Stolpersteine des Märkischen Gymnasiums leiten.

Diese Schüler/innengruppe unterstützt das jährliche Gedenken seit Jahren mit selbständigen und wegweisenden Beiträgen. „Sie als Pädagoginnen durchdringen das Thema mit den jungen Menschen, wecken und stärken das Bewusstsein der Jugend für dieses unbegreifliche Kapitel der deutschen Geschichte und geben ihnen die Freiheit, sich mit eigener Stimme zu äußern. Das ist bewundernswert. Sie haben viel bewegt, und ich möchte mich bei Ihnen dafür herzlich bedanken“, so der Bürgermeister, der sehr bedauerte, dass die Mitglieder der AG wegen der Pandemie nicht anwesend sein konnten. 

Ihre Begleitung des Gedenkens haben sie aber fortgesetzt durch einen Textbeitrag, der sich in diesem Jahr mit der Wannseekonferenz befasst, die vor genau 80 Jahren stattfand und die den begonnenen Holocaust auf bürokratisch-technische Weise koordinierte. „Am Beispiel dieser Konferenz“, so Stephan Langhard, „die ja in Wahrheit eine Verabredung zum Massenmord war, lässt sich gut nachvollziehen, was uns alle bis heute frösteln lässt. Es ist die Tatsache, dass hier die Vernichtung von millionenfachem Leben unter den Gesichtspunkten von Effizienz, Technik und Logistik entschieden wurde“. 

„Die AG Lokalgeschichte/Stolpersteine“, weiß der Bürgermeister, „hat genau diese Sprache in den Blick genommen. Die Differenz zwischen der Sprache auch der Wannseekonferenz und der faktischen Wahrheit, die verschleiert werden sollte, erschüttert uns noch heute und macht uns wachsam. Wir bekommen es mit unseren Maßstäben von Moral nicht erklärt, wie es dazu kommen konnte, aber wir sollten es uns auch nicht so einfach machen und ausschließlich mit dem Finger auf die handelnden Akteure zeigen. Denn diese Form der Verrohung findet sich bis in die jüngste Zeit an verschiedenen Stellen unseres Planeten, in Europa zuletzt Anfang der 1990 Jahre im ehemaligen Jugoslawien“.

So wie die Mitglieder des berüchtigten Reserve-Polizei-Bataillons 101, das im Zweiten Weltkrieg Kinder, Frauen und Männer ermordete, würden Menschen immer versuchen, Rechtfertigungen für ihr unmenschliches Verhalten zu finden. Man müsse wissen, dass diese Gefahr immer bestehe, und „deshalb“, so Stephan Langhard, „ist für mich das Gedenken an den Holocaust von dauerhafter Wichtigkeit“.

[Pressemitteilung der Stadt Schwelm, 27.01.2022]]